Firmenqualifikation (FQ) 31.08/01.09.2010
Ich hab mich etwa 2 bis 3 Wochen lang auf die FQ vorbereitet. Der Termin rückte immer näher, aufgeregter wurde ich aber erstmal nicht, eher erwartungsvoller.
Das letzte Wochenende verwendete ich nicht unbedingt mehr zum Lernen. Am Samstag war ich am Flugplatz um u.a. bei einer Hängerreperatur zu helfen. Später lud mich Hans Trautenberg zu einem Motorseglerrundflug im Abendlicht ein. Und am Sonntag gab es noch den letzten Bundesligaflug für das SFZ KDF. Hans und ich flogen im Duo Discus zwischen Hoher Kiste und Wendelstein im Mix aus Hangwind und Thermik. Die Aussicht war grandios, die Steigwerte ganz ordentlich. Mit Temperaturen zwischen 0 und 4 Grad war es allerdings saukalt, was meiner Gesundheit wahrscheinlich nicht so förderlich war. Die Tage davor war ich etwas angeschlagen, wie schon bei der BU. Na super, naja vielleicht bringt es mir ja auch wieder Glück angeschlagen anzureisen…
Die Ablenkung an diesem Wochenende war aber genau das richtige um vor den großen Tagen den Kopf wieder frei zu bekommen.
Am Montag ging dann die Reise los. Und zwar schon mal mit einer riesigen Portion Glück. Auf der Autobahn nach München gab es einen Unfall ausgelöst durch einen LKW der Gefahrengut geladen hatte. Im letzten Moment hat mein Dad noch von der Auffahrt runter gezogen und wir sind über die Landstraße Richtung Stadt gefahren. Wenn ich da im Stau gestanden wäre, hätte ich den Flug nach Hamburg erstmal abhaken können.
Mit der S-Bahn ging es dann weiter von München zum Flughafen. Als ich durch das Fenster die ersten startenden und anfliegenden Flugzeuge sehen konnte, stieg endlich wieder die Anspannung und Aufregung an. Terminal, Stewardessen, Piloten, Flugzeuge, alles ist wieder so präsent. Diesmal ging es per Bus zum Flugzeug. So nah am Airbus A320 vorbei zu gehen, einen Blick ins Cockpit werfen, dann Platz nehmen. Spätestens jetzt ist es mir wieder eindrücklich klar geworden, um was es die nächsten beiden Tage gehen wird!
Der Flug, Anreise zum Hotel, Essen kaufen, alles schon Gewohnheitssache, exakt genauso wie bei der BU.
Dienstag früh um 06:15 in Schale geworfen, wann hab ich nur zum letzten mal einen Anzug getragen? Bis zum DLR Gebäude diesmal mit 30 Minuten zu Fuß gegangen. Als erstes habe ich dann meine sieben weiteren Mitbewerber kennen gelernt. Alles nette und charismatische Leute. Da könnt ich mir vorstellen, dass es vielleicht doch mehr als die statistischen 25% schaffen werden.
Pünktlich ging es um 08:00 los. Zu erst die Begrüßung durch den Chefpsychologen und dem Auswahlkapitän. Dann folgte gleich der erste Test, Streitgespräch. Ich war schon ziemlich aufgeregt, aber auch hochkonzentriert. Es lief eigentlich ganz ordentlich, ich konnte eine recht gute Lösung erzielen. Als nächstes DCT, den durfte ich mit einem sympathischen Holländer zusammen machen. Auf den DCT hab ich mich gut vorbereitet, da gab es keine großen Überraschungen. Danach kamen noch zwei Gruppenspiele. Es war schwer auch mal zu Wort zu kommen, jeder wollte natürlich viel von sich zeigen. Wir haben die Sache ganz gut gemacht, wenn auch ziemlich oft ohne Fortschritt herum diskutiert.
Mittlerweile etwa 18:00 war dann der erste Tag vorbei. Wir warteten bis wir unsere Ergebnisse erhielten würden. Die FQ’ler vom zweiten Tag waren auch allmählich durch, nur noch einer hatte sein Interview vor sich. Der Arme musste einige Zeit warten, solange habe ich noch keinen Menschen auf- und abgehen sehen. Von seinen anderen sieben Mitbewerbern hatte es bis dahin nur einer geschafft.
Wer kommt jetzt in den zweiten Tag von unserer Gruppe. Die Ergebnisverkündung ging los, alphabetisch. Da war ich als Erster dran. Ich hab mir keine großen Gedanken gemacht, ob ich jetzt in den zweiten Tag kommen werde oder nicht, ich war mental auch für das Aus vorbereitet. Als ich dann vor die Auswahlkommission trat, hatte ich ein gutes Gefühl. Die Abendsonne schien ins Zimmer, alle hatten ein freundliches Lächeln auf den Lippen. Kaum saß ich auf dem Stuhl hieß es schon: „Ja Herr Eberl, sie haben heute eine ganz gute Leistung erbracht, wir sähen sie gerne morgen um 07:00 im Simulator wieder. Stehen sie gerne früh auf?“. Also unter den Umständen, ja da steh ich gerne auf. 😉
Und so ging es dann weiter. Einer nach dem anderen musste sein Ergebnis abholen. Man fieberte mit. Wenn Jemand nicht in 1 bis 2 Minuten wieder da war, hieß das, dass er raus war und gerade sein Feedback erhalten würde. Für insgesamt 3 von den 8 Leuten unserer Gruppe war der Traum heute leider schon zu Ende geträumt.
Zurück im Hotel erstmal Essen, Duschen, mit Chris dem Holländer nochmal unterhalten und auf den nächsten Tag vorbereiten. Die Nachte musste kurz werden. Erst nach 23:00 Uhr ging es ins Bett, und um 04:45 klingelte schon wieder der Wecker. Diesmal bin ich per Bus vorbei an der Lufthansabasis zum DLR Gebäude. Zusammen mit Hannes enterten wir die beiden Simulatoren. Die Übungsphase war sehr leicht. Die gewertete Testphase wurde dann aber schnell schwieriger. Der letzte Kurs brachte mich schon ganz gut ins Schwitzen.
Nun hieß es erstmal warten. Die nächsten beiden Kandidaten mussten in den Sim. Hannes durfte gleich als erster ins Interview. Nach vielleicht 1 ½ Stunden kam er wieder, packte seine Sachen und war schnell weg. Das Lächeln im Gesicht und der „besondere“ Zettel in seiner Hand verrieten das er es geschafft hat. Ich sollte derweil ins Foyer runter und warten bis ich abgeholt werden würde. Als ich es mir dann auf der roten Couch bequem machte verfiel ich schnell in Gedanken. Das Interview, der letzte und entscheidende „Test“. Dann wird das Kapitel Auswahlverfahren Lufthansa, das bereits seit über einem Jahr andauert, ein Ende finden. Die Situation an einem so großen Entscheidungspunkt über den weiteren Verlauf seines eigenen Lebens zu stehen…das hatte ich in der Größenordnung noch nicht gehabt. Die entsprechend große Aufregung, Anspannung, und Nervösität war natürlich nicht zu verleugnen.
Der Chefpsychologe holte mich ab. Zunächst alle 4 Personen der Auswahlkommission begrüßt, und dann auf in den Kampf. Der Kapitän befragte mich über einige Dinge bezüglich des Berufs. Beim Psychologen ging es erwartungsgemäß um den eigenen Charakter. Ich muss sagen, dass mein Hobby Segelfliegen mir definitiv einige male geholfen hat meine positiven Eigenschaften besser zu untermauern. Natürlich wurde auch ausgiebig über etwas unangenehmere Sachen, wie zum Beispiel die eigenen Schwächen gesprochen. Insgesamt war das Gespräch aber sehr freundlich und entspannt. Es gab die ein oder andere nette Situation die uns etwas zum Schmunzeln brachte. Im Endeffekt lief es ganz gut, ich denke ich konnte eine Menge Pluspunkte sammeln. Der Psychologe hat aber bei ein paar Dingen schon ganz schön vehement rumgebohrt, was dann auch wieder einen schönen bitteren Nachgeschmack hinterlassen hatte.
Dann musste ich raus in einen Warteraum, bis sich die Kommission fertig beraten hatte. Ich dachte nur anfangs kurz nach ob es jetzt tatsächlich reichen werden wird, oder auch nicht. Danach fing ich an in den Zeitschriften vor mir zu blättern, und irgendwie auch nur in die Leere zu starren, fast wie ein Zombie. Der Kopf ist total leer. Nach wohl nicht mal ganz 2 Minuten saß ich dann schon wieder vor der Komission. Der Kapitän lies die Katze sofort aus dem Sack, und meinte das sie mich haben wollen würden, und mich der Verkehrsfliegerschule in Bremen weiter empfehlen werden.
Da brachte ich nur ein leises „wow“ heraus, und es stellte sich ein leichtes Dauergrinsen ein. Es gab noch jede Menge Feedback, die Gratulation mit Handschlag, und natürlich den begehrten „Bestanden-Brief“.
Was das jetzt heißen würde, und was demnächst alles auf einen zukommen wird, kann man noch nicht realisieren. Die haben mich jetzt echt genommen? Kann das wirklich sein?
Joa, dass ist wohl der beste Tag meines Lebens!
Ein bisschen was von Castingshows hatte das Ganze schon. Da kommt ein Besteher mit dem begehrten (Recall? 🙂 ) Zettel wieder in den Warteraum, alle freuen sich mit Einem, und fragen neugierig wie es gewesen ist. Zwei weitere aus meiner Gruppe bestanden dann ebenfalls noch, was entsprechend beklatscht wurde. Nur Einer flog am 2. Tag leider raus. 4 von 8 hatten es also geschafft, eine sehr gute Quote!
Die zwei Tage FQ waren außerordentlich intensiv. Unter hoher Anspannung in den Tests Leistung zu erbringen. Die Entscheidungen am Ende des Tages. Freud und Leid liegen so dicht beieinander. Träume gehen in Erfüllung oder werden zerstört. Emotionen pur.
Ja, nachdem dann alle durch waren gingen wir zum Flughafen und setzten uns auf die Besucherterrasse. Die Zeit bis zum Flug abends wurde mit Gesprächen und Flugzeuge beobachten überbrückt.
Bei untergehender Sonne über dem hell erleuchtenden Hamburg, mit dem Wissen auch bald mal da vorne drin im Cockpit zu sitzen, konnte es mit einem recht entspannten Gefühlszustand im A321 der LH wieder zurück nach München gehen. Ach ja, und es gab wieder leckeren Orangensaft!